Zum Tode von Bernd Bussler
Von Peter Finke
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Der plötzliche Tod von Bernd Bussler ist furchtbar. Im Alter von gerade 60 Jahren ist der gelernte Koch und passionierte Aquarianer einem Herzinfarkt erlegen. Dies ist eine schreckliche Nachricht zunächst für seine Angehörigen und Freunde, voran seine noch lebende Mutter.
Aber es ist auch eine ganz schlechte Nachricht für die Labyrinthfischfreunde, allen voran die Liebhaber der Prachtguramis. Bernd war über Jahrzehnte ein erfolgreicher, hingebungsvoller Züchter fast aller uns bekannten Arten und Formen. Er hatte sich frühzeitig hierauf spezialisiert und kannte in seiner Entschiedenheit und Hartnäckigkeit keine Kompromisse. Außer Allan Brown, der aber schon vor einigen Jahren alle Fische abgegeben und seine höchst produktive Entdecker– und Züchterkarriere beendet hat, kannte ich niemanden, der soviele Paroformen nebeneinander in einer speziell dafür aufgebauten Anlage gehalten und sämtlich, zum Teil in ungewohnt großen Mengen, nachgezüchtet und uneigennützig an sehr viele Freunde in mehreren Ländern verteilt hat. Einige weitere Personen hielten mehrere, vielleicht bis zu zehn Arten nebeneinander und waren auch sehr erfolgreich als Züchter. Aber niemand hielt so lange, so spezialisiert und trotz der aufwendigen Begleitumstände (Wasser, Futterzuchten, Filterpflege, Reinigung etc.) soviele verschiedene Formen durch beständige Nachzucht am Leben wie Bernd Bussler. Und ein Ende war nicht absehbar, angekündigt schon gar nicht.
Ich selbst verdanke Bernd Bussler meine der glücklichsten Erfahrungen als Parofreund. Eine persönliche Erinnerung sei erzählt. Als ich mir in den neunziger Jahren nach einer längeren beruflich bedingten Auszeit wieder Prachtguramis wünschte und einmal in einer Mailgruppe der deutschen IGL öffentlich den Namen Parosphromenus paludicola erwähnte, Fische, die bis dahin nur wenige Menschen lebend gesehen hatten, war es Bernd Bussler, der sich ungefragt bei mir meldete. Ich kannte ihn nicht, aber er sagte, ich könne diese Art gern von ihm haben. Ich war wie vom Donner gerührt, das hatte ich nicht erwartet. Da gab es in Hamburg einen Aquarianer, der besaß diese Fische, er züchtete sie sogar und bot sie mir an, obwohl wir uns persönlich damals gar nicht kannten. O ja, schrieb ich ihm, gern, aber nur ein Männchen und zwei Weibchen. Wenige Tage später hatte ich sie, und wenige Wochen später schwamm auch bei mir schon Nachzucht. Ich war diesem noch unbekannten Mann sehr tief dankbar und habe ihn kurze Zeit später dann besucht. Danach öfter.
Ich lernte einen warmherzigen, kernigen Mann kennen, damals auch verheiratet, der in einem Raum des einsam gelegenen Wohnhauses seiner Mutter eine umfangreiche selbstgebaute Zuchtanlage einschließlich aller nötigen Nebeneinrichtungen fast ausschließlich für Paros unterhielt (später schaffte er tatsächlich die wenigen anderen Fische auch noch ab). Gefühlt hatte er dort alles, was das Paroherz begehrte. Er wohnte selbst dort nicht, aber kam jeden zweiten Tag vorbei. Wenn ich von Allan Brown, Martin Hallmann oder Horst Linke noch unbeschriebene Formen erhielt, dauerte es nicht lange, und Bernd Bussler war der erste Adressat meiner Nachzucht. Bei ihm waren die Fische sicher, denn er machte mehr daraus. Als es ab 2010 das Parosphromenus-Projekt gab, wurde seine Zuchtstube zum Mekka vieler Personen, ob aus England, aus Polen, aus den USA. Nirgendwo auf der Erde konnte man so viele verschiedene Paros in einem Raum sehen und sogar erwerben. So war es fast zwangsläufig, dass wir ihm 2017 in völliger Überzeugung den Parosphromenus-Award zuerkannten.
Schreibtischarbeit war seine Sache nicht. Noch vor den Menschen kamen für ihn diese Fische. Wenn seine Cyclopsteiche zugefroren waren, ging er mit dem Beil hinaus. Lieber als Artemia verfütterte er Freiland-Lebendfutter, das er selbst gekeschert hatte. Für die kleinsten Jungfische züchtete er afrikanische Pantoffeltierchen und besonders kleine Essigälchen. Regenwasser sammelte er von Anbeginn. Wenn irgendwo eine Art fehlte, war es wahrscheinlich, dass man sie bei Bernd Bussler fand. In Deutschland und Europa war er bis zuletzt die größte, zentrale Paroquelle, eine verlässliche Adresse, sicherer als jede in Asien, ein Züchter mit Intuition, Ausdauer und freundschaftlichem Wesen.
Sein Tod ist unfassbar, reisst eine sehr große Lücke, die kaum zu schließen sein wird. Ich habe einen Freund verloren. Als Brown aufhörte, verstand er das nicht. Als ich vor zwei Jahren aufhörte, verstand er es auch nicht. Aber dass er jetzt gestorben ist: Das verstehe ich auch nicht.
Peter Finke, Bielefeldt, Deutschland
26 august 2020