Kottelat & Ng 1998
Erstbeschreibung:Heute gültig ist:Parosphromenus bintan, a new osphronemid fish from Bintan and Bangka islands, Indonesia, with redescription of P. deissneri. Ichthyological Exploration of Freshwaters, 8: 263 – 272. — Bis zu dieser Neubeschreibung galt als Erstbeschreibung: P. Bleeker, Negende bijdrage tot de kennis der vischfaunavan Banka. Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie, 18:359 – 378.
Der Vorgang, dass eine längst beschriebene Art über ein Jahrhundert nach ihrer ersten Beschreibung mit Genehmigung der Nomenklaturbehörde ICZN noch einmal neu festgelegt wird, ist sehr ungewöhnlich, wenn auch regelgerecht. Die ICZN hat ihn in folgender Veröffentlichung bestätigt: ICZN, 2000.Opinion 1946. Osphronemus deissneri Bleeker, 1859 (currently Parosphromenus deissneri; Osteichtyes, Perciformes): holotype replaced by a neotype. Bulletin of Zoological Nomenclature, 57(1): 60.
Hintergrund: In den neunziger Jahren des 20.Jahrhunderts war es längst offenkundig, dass die ursprüngliche Ansicht, es gäbe nur eine Parosphromenus–Art, falsch gewesen war. Es war auch deutlich, dass die seither gefundenen und meistens als „P. deissneri“ bezeichneten Prachtguramis bereits verschiedenen Arten angehört haben mussten. Deshalb bestand das Interesse, Bleekers ursprünglichen Fisch (ein einziges Exemplar) noch einmal im Lichte dieser neuen Erkenntnisse zu untersuchen. Als Kottelat und Ng dies taten, wurde schnell dreierlei klar: Erstens war jener konservierte Fisch mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand. Zweitens war er aller Wahrscheinlichkeit nach ein Weibchen gewesen und ermangelte schon deshalb wichtiger artunterscheidender Merkmale; Färbungen beispielsweise erhalten sich im konservierten Zustand kaum. Drittens: Man wusste inzwischen, dass auf Bangka mindestens zwei verschiedene Parosphromenus–Arten vorkommen, die sich strukturell unter anderem durch die Form der Schwanzflosse unterschieden. Von den eher konservierten Strukturunterschieden wäre mithin die Caudale ein wichtiges Indiz gewesen, doch diese fehlte dem Typusexemplar inzwischen.
Da der alte Holotypus die Entscheidung, welche der beiden Bangka-Arten nun deissneri war, nicht mehr hergab, stellten die beiden Ichthyologen den Antrag, einen Neotypus festlegen und die Art auf dieser Basis neu beschrieben zu dürfen, was zugestanden wurde. Hierbei fiel die Entscheidung, dass nicht die rundflossige, sondern die spitzflossige Art mit sehr deutlichem Filament als deissneri festgelegt wurde. (Bemerkung PF: Wäre die Entscheidung für die andere Art gefallen, hätte ein Großteil der Verwirrung um den Artnamen, die nun einsetzte, vermieden werden können. Aber es ist jetzt müßig, darüber zu spekulieren). Die andere, rundflossige Art wurde dann als P. bintan neu beschrieben, da sie auch auf der Insel Bintan vorkam.
Identifikationsmerkmale:Gesamtlänge max. 5 cm, damit einer der größten Prachtguramis.Struktur Dorsale:XII-XIII, 6, total 18 – 19, Anale: XII-XIII, 8 – 10, total 21 – 23. ♂im Prachtkleid strukturell an der dreieckig erscheinenden, mit bis zu einem Zentimeter langen schwarzen Filament ausgestatteten Caudale gut zu erkennen. Hinzu kommt als sehr charakteristisches Merkmal, dass die blauen Leuchtbänder in den unpaaren Flossen nicht zusammenhängende Farbstreifen ergeben, sondern in sehr auffälliger Weise aus einzelnen kurzen Leuchtstrichen bestehen. Besonders in der Schwanzflosse fällt dieses Merkmal auf, da die weißblauen Striche dort annähernd waagerecht parallel-versetzt angeordnet sind. P. deissneri–Männchen gehören damit zu den am leichtesten zu erkennenden Prachtguramis (s. Abbildung). Bei entsprechender Beleuchtung und in aggressiver Stimmung können sie auch eine bräunlich-rötliche Grundfärbung zeigen.
Verwechslungsrisiko:Im männlichen Geschlecht ist das Verwechslungsrisiko mit anderen Prachtguramis vor allem wegen der auf Strukturunterschiede gestützten phänotypischen Unterscheidung (ausgezogene Caudale mit deutlichem schwarzen Filament), aber auch ihrer Zeichnungsbesonderheiten gering. Im weiblichen Geschlecht besteht es freilich; hier muss man auf die (weniger auffallenden) Strukturunterschiede im Körperbau achten. Allerdings kann nicht oft genug betont werden, dass die Permanenz, mit der der historische Name dieser 1998 neu determinierten Art fälschlicherweise auch weiterhin für alle möglichen Prachtguramiarten verwendet wird, obwohl deren Unterscheidung zumindest im männlichen Geschlecht nahezu unproblematisch wäre, große Teile des Hobbys nach wie vor verwirrt. Nicht nur im Zoohandel, sondern auch in allen möglichen Internetveröffentlichungen, aber auch in vielen allgemein orientierten aquaristischen Aufsätzen und Büchern wird die Falschbezeichnung fast unvermindert fortgeführt.
Vorkommen/Verbreitung:Auf der malayischen Insel Bangka endemisch. Offenbar tatsächlich nicht noch weiter verbreitet.
Gefährdung:Wegen der Beschränkung auf eine einzige Insel sehr hoch. Die dort befindlichen alten Zinnminen verschmutzen mit ihren Abwässern wertvolle deissneri–Lebensräume sehr stark. Teilweise kann dort keine Fischfauna mehr leben.
Entdeckung/Ersteinfuhr: Nach Deutschland hat K. Bieler die Art 1997 in 14 Exemplaren mitgebracht, die er im August dieses Jahres im Sungai Muntiang, einem Fluss in der Nähe von Pangkalpinang, mit wenigen Käscherzügen erbeutete. Neben ihm hat vor allem G. Kopic die damaligen Tiere nachgezüchtet, außerdem bekamen N. Neugebauer und H. Linke Exemplare zum Fotografieren. Dass es wirklich deissneri war, wurde ihnen erst nach der Neubeschreibung durch Kottelat und Ng 1998 bewusst. Nach England und in die USA haben Brown und Pinto Tiere anlässlich eines Aufenthalts auf Bangka im Jahre 1999 mitgebracht; Brown hat sie in größerer Zahl vermehrt und an Prachtguramifreunde in Europa verteilt.
Handel:Wie bereits erwähnt herrscht im internationalen Zoohandel noch immer ein fast unentwirrbares Namens– und Identifikationsdurcheinander.Erst langsam setzt sich bei den Ex– und Importeuren die Einsicht durch, dass es jene Neubeschreibung gegeben hat, die für meisten im Handel angebotenen Prachtguramis ihre Identifikation als deissneri ausschließt. Davon unberührt werden nach wie vor die meisten gehandelten Prachtguramis fälschlicherweise als „deissneri“ bezeichnet. Echte deissneri sind allerdings bis vor wenigen Jahren anscheinend noch nie gehandelt worden. Erst in jüngster Zeit hat es einige wenige Importe nach Europa und Amerika gegeben, doch sind diese Tiere dann meistens wegen des Namenswirrwarrs schnell in der Gesamtmenge der importierten Prachtguramis untergegangen, bevor sie Spezialisten erreichen konnten. Die heute in den Aquarien schwimmenden Stämme gehen überwiegend auf Privatimporte zurück (z.B. durch Biehler, Brown, Pinto).
Haltung/Zucht: Keine besonderen Bedingungen, die von den Standards abweichen würden. Man beachte aber, dass es sich bei deissnerium einen der größten und kräftigsten Prachtguramis handelt. Deshalb sollten sie nicht in den kleinsten Becken gehalten werden. 12-Liter-Becken sind auf Dauer zu klein. 25-Liter-Becken dürften das Minimum darstellen. Die Gelege können umfangreich sein (über 100 Eier, meistens aber weniger). Bieler 1997 gibt für den Originalbiotop auf Bangka folgende Wasserwerte an: Temperatur 30 Grad C an der Wasseroberfläche, weniger in den tieferen Wasserzonen, in denen sich die Fische aufgehalten haben, Leitfähigkeit 27 Mikrosiemens/cm, pH 6.2.
Verhalten/Besonderheiten: Keine Besonderheiten. Waagerecht– bis schräg-nach-unten-Balzer. Oft sehr ausgeprägtes Schaumnest, manchmal auch nur rudimentär. Große deissnerigehören zu den eindrucksvollsten Prachtguramis, die wir kennen.
Literatur: K. Biehler, Prachtzwergguramis von Pulau Bangka. DATZ 7 (2000), 16 – 18.
(PF und KB)










