Tweedie 1952
Erstbeschreibung:M.W.F. Tweedei 1952: Notes on Malayan fresh-water fishes.3. The ananbantoid fishes.4. Some new and interesting records. 5. Malay names. Bulletin of the Raffles Museum, 24:63 – 95.
Identifikationsmerkmale:Sonderling der Gattung Parosphromenus, aber wohl eine Gattungsaufspaltung doch nicht rechtfertigend. Grundsätzlich wegen der besonderen Strukturmerkmale sicherer Artstatus. Mindestens eine bekannte Lokalform („Wakaf Tapei“) allerdings wahrscheinlich eine Subspecies, mindestens eine Semispecies, vielleicht sogareine eigenständige Art (s.u.).
Die Tiere wirken „langgezogener“ als die meisten anderen Paros, was in der Flossenstruktur bestätigt wird: DorsaleXVII – XIX, 5 – 7, total 22– 25, Anale XIII-XVI, 6 – 9, total 21 – 23. Diese unterscheidet die Tiere von allen anderen bekannten Prachtguramis, auch solchen mit ebenfalls langer Dorsale(insbes. quindecim, aber auch deissneri und filamentosus). Ferner ist das fast völlige Fehlen von Leuchtfarben in den unpaaren Flossen ein eindeutiges Artkennzeichen. Lediglich in der Anale zeigen manche Formen fluoreszierende Muster, aber nie Leuchtbänder wie bei vielen anderen Arten. Wegen der anderen Körper– und Flossenstruktur sind auch weibliche Tiere von den Weibchen anderer Prachtguramiarten gut zu unterscheiden, eine in dieser Gruppe einmalige Besonderheit.Die Balzfärbung des Weibchens wird bei den meisten Lokalformen nicht so extrem blassbeige-gelblich wie bei vielen anderen Arten. Bei der Form von Wakaf Tapei gibt es die für die gesamte Gattung einmalige Besonderheit, dass das Weibchen in der Balz eher dunkel, teilweise sogar schwärzlich wird. Dies könnte mindestens ein Subspecies-Indikator sein, vielleicht sogar (wie J. Vierke meint) eigenen Artstatus anzeigen. Ich vermute, dass hier ein Artbildungsprozess im Gange ist.
Verwechslungsrisiko: Aufgrund der von allen anderen Arten der Gattung abweichendenFärbung, der gestreckteren Körper– und der einmaligen Flossenstruktur sehr gering, faktisch das geringste aller Paro-Arten. Innerhalb der strukturellen Artmerkmalsbreite allerdings eine vor allem bei der Männchen-Färbung und Körpergestalt sehr variable Art. Alle Tiere zeigen Pastellfarben in unterschiedlicher Ausprägung. Es gibt aber Tiere mit überwiegend bräunlich-beigefarbenem, andere mit bläulich-rosafarbenem, aber auch solche mit braunrötlichem oder fast rotem Prachtkleid. Außerdem sind die Tiere der meisten Populationen eher langgestreckt-schlank, während andere eher gedrungen-hochrückig aussehen. Die Ventralen aller Männchen besitzen sehr lange Filamente. Die Caudalen mancher Männchen sind ebenfalls ausgesprochen oval oder dreieckig langgezogen mit mehreren Filamenten, während andere eher kurz-rundlich mit lediglich einem mittleren Filamentstrahl sind (z.B. Wakaf Tapei).
Vorkommen/Verbreitung: Sehr ausgedehnte, weiträumige Verbreitung im Nordosten der malayischen Halbinsel (Provinz Terengganu), von wo sie als einzige Prachtguramiart sogar bis nach Südthailand geht. Innerhalb dieses Gesamtverbreitungsraumes viele heute mehr oder weniger isolierte und farblich abweichende Teilpopulationen, von denen einige bereits privat oder kommerziell importiert worden sind (z.B. von Terengganu i.e.S., Merchang, Kota Bharu, Wakaf Tapei, „Süd-Thailand“ u.a.). Sie sollten auseinander gehalten werden.
Das nahezu völlige Fehlen von Leuchtfarben zeigt, dass der Schwerpunkt der Verbreitung dieses Sonderlings der Gattung nicht im Schwarzwasser liegt. Die Tiere gehen zwar mit manchen ihrer Fundortvarietäten auch in Schwarzwasserbereiche hinein, es gibt sie aber im Unterschied fast allen anderen Paros auch in Klarwasserzonen und überwiegend in Übergangsbereichen. Sie bevorzugen hellere Biotope als ihre Gattungsgenossen. Ihre Anpassungsfähigkeit an anthropogen überformte Gewässer (Straßenrandkanäle, Aufstauungen, teichartige Strukturen) ist deshalb bei vielen Varietäten größer als bei den meisten anderen Paro-Arten.
Gefährdung: Wegen der tlw. anderen Lebensraumansprüchegeringer als bei anderen Prachtgurami-Arten, aber dennoch wegen der allgemeinen Gewässerzerstörung insgesamt durchaus stark, bei einzelnen Farb– bzw. Lokalvarianten u.U. wegen der Begrenztheit des Lokalvorkommens sogar sehr stark. Weite Teile des ursprünglichen Verbreitungsgebietes sind für die Art nicht mehr bewohnbar, mit weiter abnehmender Tendenz.
Entdeckung/Ersteinfuhr: P. paludicola war nach Bleekers Erstfund des von ihm „deissneri“ genannten Fisches (eines Weibchens, 1859 auf Bangka) und der in großen Zeitabständen seitdem dokumentierten Zufallsfunde angeblich der gleichen Art die zweite, wegen ihrer strukturellen Besonderheiten sofort eindeutig als eigenständig erkannte Art. Sie wurde erst um 1950 vom damaligen zoologischen Kustos des Raffles Museums, M.W.F. Tweedei, im Raum Terengganu gefunden und dann 1952 erstbeschrieben. Daraufhin blieb sie viele Jahre unbeachtet und wurde nicht erneut gefangen, sodass die damaligen aquaristischen Fachbücher sie entweder gar nicht erwähnten oder aber sich teilweise bis in die achtziger Jahre hinein mit ungefähren Zeichnungen und Vermutungen begnügen mussten. 1977 ist sie von Peter Nagyi de Felsö Gör (Salzburg) erstmals nach Europa eingeführt und hier vermehrt worden.
Handel: Die Art ist vor den neunziger Jahren offenbar nie kommerziell gehandelt worden, seither gab es aber mehrfach kommerzielle Importe in Mittel– und Westeuropa, meist unter falschem Namen („deissneri“). P. paludicola wird aber auch heute noch sehr selten gehandelt. Die von der Nominatform deutlich abweichende Form Wakaf Tapei ist erst nach dem Jahre 2000 von B. und A. Brown privat gefangen und nach Europa gebracht und vermehrt worden. Im kommerziellen Handel ist sie bisher nicht aufgetaucht. Der gesamte gegenwärtig vorhandene Bestand dieser Form geht auf jene kleine Fangpopulation der Browns zurück.
Haltung/Zucht: In der Regeleiner der am wenigsten anspruchsvollen Prachtguramis, da er nicht unbedingtauf die Simulation von reinen Schwarzwasserverhältnissen angewiesen ist.Die Art ist daher zusammen mit P. linkei oder P. filamentosus besonders gut für Anfänger in der Prachtgurami-Aquaristik geeignet. Die Leitfähigkeit des Wassers sollte unter 100 Mikrosiemens/cm liegen, ein Wert zwischen 30 und 50 gilt als ideal. Der pH-Wert kann zwischen 4.0 und 6.5 liegen; entscheidend ist nicht die Höhe des Wertes, sondern seine keimunterdrückende Wirkung. Die Hinzufügung von Huminstoffen oder Huminsäure absondernden Materialien ist hilfreich. Dass die Art nicht vordringlich in reinem Schwarzwasser vorkommt, bedeutet nicht, dass auf Huminstoffe völlig verzichtet werden kann. P. paludicola–Gelege können zu den größten der Gattung gehören (bis über 100 Eier). Es wird ein Schaumnest gebaut, allerdings bleibt es oft rudimentär. Die abweichende Form von Wakaf Tapei ist weniger produktiv und anscheinend etwas hinfälliger als die anderen Formen.
Verhalten/Besonderheiten: Waagerecht-Balzer. Die Unterschiede zwischen Schlichtkleid und Prachtkleid sind bei dieser Art weniger ausgeprägt als bei allen anderen Prachtguramiarten. Dennoch gibt es sie: Die Längsstreifung des Schlichtkleids verschwindet bei beiden Geschlechtern während der Balz (fast) vollständig. Die „sexy-eyes“ sind vor allem beim Weibchen stark ausgeprägt. Höhlen am Boden, auf halber Höhe oder an der Wasseroberfläche werden gleich gern angenommen, wenn sie nicht zu klein oder zu geräumig sind. Filmdöschen reichen bereits aus. P. Finke beobachtete einmal nach dem Tod eines Männchens eine rudimentäre Brutpflege des Weibchens, die aber nicht zu Ende geführt wurde.
Eine Vergesellschaftung istwegen der geringer ausgeprägten Spezialansprücheeher als bei den meisten anderen Arten möglich. Sogar die Vergesellschaftung mit anderen Prachtguramiarten ist hier relativ problemlos, da die Männchen auch im Normalkleid und selbst die Weibchen wegen ihrer strukturellen Besonderheiten gut von den Tieren anderer Arten unterschieden werden können. Zudem stehen die weniger extremen Wasserwerte einer Vergesellschaftung nicht entgegen. Allerdings kommen, wie bei allen Prachtguramis, hierfür nur kleine und ruhige Fische infrage. Nachwuchs kommt in diesen Fällen aber kaum auf.
Literatur (Auswahl): P. Finke 2005:Erfahrungen mit Parosphromenus paludicola. Der Makropode 5⁄6 (2005): 101 – 104.
H.-J. Mayland 1980: Labyrinthfische. Minden (Philler) 1980, darin S. 109 – 110.
P.Nagy 1979: Ein aquaristisches Loch — Parosphromenus paludicola. Aquarienmagazin 13: 567 – 571
P. Nagy 1980: Erste Zuchterfolge mit dem Labyrinthfisch Parosphromenus paludicola. Das Aquarium 135: 459 – 463
H. Pinter 1984: Labyrinthfische, Hechtköpfe und Schlangenkopffische. Stuttgart (Ulmer) 1984, darin S. 128.
H.-J. Richter 1979: Das Buch der Labyrinthfische. Berlin-Basel-Wien (Neumann-Neudamm) 1979, darin S. 82.
J. Vierke 1978: Labyrinthfische und verwandte Arten. Wuppertal (Pfriem) 1978, darin S. 84.
PF